Ein historischer Bauernhof

Die Ursprünge von Martertal reichen bis ins Mittelalter. Erste schriftliche Aufzeichnungen belegen den Hof schon 1387. Der Hof in seiner heutigen Form stammt aus dem Jahr 1915.

Die Besitzerfolge des Hofes „Martertal“ lässt sich bis Ende des 16. Jahrhunderts lückenlos nachvollziehen. Seit 1593 besaß Mathias Kofler (um 1570 - 1633) den Hof.  Er hat ihn am 12. September 1593 vom Vater Bartlmee übernommen.  Interessant ist, dass Mathias Kofler in den Einträgen der Pfarr- und Verfachbücher lange als Mathias Martertaler geführt wird und erst gegen Lebensende den wohl ursprünglichen Familiennamen Kofler wieder annimmt. Mathias Kofler war, wohl ab dem Verkauf des Martertalers an Sohn Christian 1621, Mesner der St. Valentinskirche am Gentersberg nördlich von Nordheim im Sarntal. Im ältesten im Landesarchiv auffindbaren Steuerkataster des Gerichtes Sarntal-Sarnthein von 1628 begegnet ein Christan Khofler als Besitzer des Marterthallerhof, wobei er damals interessanterweise auch noch den benachbarten, ebenfalls im Viertel“ (später „Ried“, heute „Fraktion“) Vormeswaldt verorteten Schuesterhof „innehatte“ bzw. be-“paute“.

 

Es ist bemerkenswert, dass sich der „Martertalerhof“ trotz einer Vielzahl an Besitzerwechsel respektive einer Vielzahl an verschiedenen Besitzerfamilien im Laufe der Jahrhunderte hinsichtlich seines Besitz- und Güterbestandes kaum bis gar nicht verändert hatte. Ein Hauptgrund dafür liegt wohl in der besonderen Lage des Hofes im Sarner Ried (bzw. Viertel, heute Fraktion) „Vormeswald“: Unmittelbar nach dem sog. „Marterloch“, einer markanten Schlucht mit dem Martertalbach, der noch heute die Grenze zwischen den Gemeinden Jenesien und Sarntal bildet, befindet sich der „Martertalerhof“, welcher zusammen mit den benachbarten „Eyrnbergerhof“ und dem „Schusterhof“ einen in sich abgeschlossenen und früher schwer zugänglichen Höhenweiler beschreibt – diese natürliche Abgeschiedenheit und Grenzlage boten also von vornherein wenig Möglichkeiten auf besitzliche Veränderungen.

 

Über all die Jahrhunderte wird der Hof und seine dazugehörigen Güter in seinem Bestand relativ gleichbleibend, ja fast „floskelhaft“ gleichbleibend beschrieben, und noch im entsprechenden Grundbucheintrag von 1906 (siehe A1-Blatt!), wo die dazugehörigen Bau- und Grundparzellen einzeln aufgelistet werden, wird feststellbar, dass sämtliche Güter einzig im „Ried Vormeswald“ verortet sind. Dazu passen auch die Angaben zu den grundherrschaftlichen Zinsabgaben: Bis zum 1803 gelungenen „Freikauf“ von der Grundherrlichkeit zinst der Hof über viele Generationen einen konstant gleichbleibenden Grundzinsbetrag in Geld, nämlich jährlich stets 1 Gulden und 12 Kreuzer. Lediglich der Adressat dieser „Martertaler“ Grundherrschaft variiert im Laufe der Zeit: Sind es im 17. Jahrhundert noch die „Herrn Schraf(f)enstainischen“ (sic!), so nennen die Quellen für die erste Hälfte des 18. Jahrhundert „Herrn Christophen Trähofers zu Bozen seeligen Herrn Erben“ (sic!), danach die Bozner Patrizierfamilie „Menz“ als Grundherren. Ansonsten hatte der „Martertaler“ noch an die Gerichtsherrschaft „Reinegg“ Abgaben zu leisten, und in diesem Fall tatsächlich bis 1848, bis zur allgemeinen Aufhebung der Grundherrschaft: Und zwar von Anfang der ersichtlichen Quellen an (also seit 1628) jährlich gleichbleibend 5 Star „Vogteyzins“ an Futter (d. h. wohl 5 Star Hafer für die Pflegamtliche Unterhaltung der Pferde) und 43 Kreuzer in Geld.

 

Der „Martertalerhof“, welcher den Angaben nach zumindest seit dem 17. Jahrhundert über eine eigene Mühle samt Backofen verfügte, wird zudem schon im Steuerkataster von 1628 als „zöchendt-frey“ (= frei von Zehent-Abgaben) bezeichnet, musste demnach schon damals keine reguläre Kirchensteuern mehr bezahlen. Betrachtet man diesen Umstand im Zusammenhang mit der bereits 1803 vorzeitig gelungenen „Befreiung von der primären Grundherrschaft“ , so war der Hof spätestens im 19. Jahrhundert schon sehr frei und unabhängig. Dazu passt schließlich auch, dass der „Martertalerhof“ in seiner Geschichte nie geteilt worden ist und im Laufe der Jahrhunderte stets eine konstante Wertsteigerung erfuhr, auch die insbesondere ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu konstatierende Schuldenlast nie existentiell bedrohlich geworden ist. Nur ein einziges Mal, im Jahre 1829, musste der Hof eine Versteigerung erfahren – seinem Gesamtwert als mittelgroßen bis großen Bergbauernhof tat dies aber offenbar keinen Abbruch.


Sehen Sie hier Martertal in historischen Bildern. Die Aufnahmen sind zwischen 1920 und 1970 entstanden, die historische Katasterkarte wurde um 1860 gezeichnet und zeigt im Detail dieselben Grundrisse von Haus und Hof wie sie heute noch bestehen.

Archivrecherchen: Elmar Rainer (2019), Gerd Frick (2020)